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Die Kraft der Natur


Großartig, phantasievoll, utopisch, bilderreich, erfindungsreich, bizarr,

originell, eigenwillig, surrealistisch. Diese Eigenschaften sprudeIn

fließend bei der Betrachtung des Werkes von Amadeo hervor; fließend
ist auch seine Ausdruckskraft und die dadurch hervorquellende, entsch-

lossen auf die Fläche gebrachte Linienführung.

Es ist die Kraft der Natur, die, ohne Grenzen und Vorschriften, den Mann

und Künstler vereinnahmt hat, ihn befreit, ihn einbezieht bis zu dem

Punkt, an dem er selbst zum Vermittler, zu seinem Spiegelbild wird. Hier

seine spielerische Linienführung, schwingend, festlich, beständig, lyrisch,

die vielen Farbkontraste des Werkes explodieren wie zu einer einzigen

erreichten Beglückung; dann, ein Federstrich, und es ist die Kraft der

Natur, die erdrückt, bereit, sich überraschend zu einer Ausweitung von

abstrakten und figurativen Micro- und Macro-Formen zu entfesseIn, die

irritierenden und unbekannten Wertigkeiten aufzunehmen, die axiale

Unruhe.

Die Immagination schreitet voran, fast wie um die Darstellung dessen,

was im Erdinnern und in unserem eigenen Innersten vorhanden ist,

anzuregen, quasi ihren Früchten gleich. Es ist das heftig ausströmende
Leben mit seiner wütenden Energie, das das Werk des Künstlers expan-

dieren läßt.

Amadio drückt sich in gleichem Maße sowohl in der Malerei wie auch in

der Gravurkunst aus, wobei er hier jedoch die Kaltnadel-Radierung

wegen ihrer Direktheit bevorzugt, in der Bildhauerei ebenso wie in der

Töpferkunst, im Punzen und in den Büchern des Künstlers.

Alles, was einen Zugang zur Darstellung von Bildern schafft, fasziniert

ihn, hält ihn unablässig auf der Suche und führt ihn zu weiteren

Experimentationen. Die Form hat allerdings schon ihre Vorlage in der

Natur; es genügt, ihr Wesentliches zu adaptieren und es ohne

Verzerrung zu formen. Das ist, was er offensichtlich ausdrücken will,

wenn er die Steine des Flusses, die das Wasser schon geglättet hat,

bearbeitet. Der Künstler scheint der Natur bei der Vollendung ihres

Werkes helfen zu wollen, indem er den schon vorgegebenen Spuren

folgt. Er unterstützt die Materie, tut ihr aber keine Gewalt an, denn er ist

überzeugt davon, daß man durch die Beobachtung dessen, was bereits

vorhanden ist, Quellen von Inspirationen ausschöpfen kann. Das gleiche
Verhalten hat er bei Holzschnitzereien, wobei er plastische Formen bil-

det, indem er quasi der Maserung des Holzes folgt. In seinen Gemälden

und Kaltnadel-Radierungen drückt sich Amadeo durch ein

Zeichenalphabet aus, auch wenn das nicht sofort offensichtlich ist, weil

es von der starken Freiheit des Ausdrucks und von der Spontaneität der

Bewegung verdeckt wird. Die Formen seiner Bildersprache, die von

einem aufmerksamen Beobachter klar ersehen werden können, sind ihm

sehr wertvoll. Es sind eine Art von sich wiederholenden Hieroglyphen,

bisweilen dem Ausdruck der Märchen aus alter Zeit ähnlich. Da ist ein

Rhythmus und eine Explosion von Form und Farbe in einigen seiner

Werké, die ihn gelegentlich der Erfahrung des großen Meisters André

Masson nähern, die Malerei von Amadio vermittelt jedoch immer etwas

von einer verspielten und sonnigen Lebensansicht, die uns Einblick

gewährt in seinen beständigen Wunsch, zu wachsen, zu suchen und mit

den Formen, Farben und Materialien zu spielen, in dem nie endenden

Willen, immer neu zu experimentieren.

IMAGE Imgs/armoniaeribellione14.gif

Lorenzo Bonini

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